„Das Rätsel der Sandbank“
„Das Rätsel der Sandbank“
1903 veröffentliche Erskine Childers sein Werk "The Riddle of the Sands", zu deutsch "Das Rätsel der Sandbank". Es gilt als einer der ersten Spionageromane, und spielt vor dem Hintergrund des Rüstungswettlaufs zwischen der Deutschen Flotte und der Royal Navy. In dem Buch prophezeit Childers einen Krieg mit dem Deutschen Reich und eine See-Invasion an der britischen Küste.
Die Handlung dreht sich um den jungen Offizier Carruthers, der von seinem Freund Arthur Davies eine Einladung zum Segeln in der Ostsee bekommt. Doch es geht Davies offenbar nur vordergründig um die Entenjagd an der Küste. Tatsächlich will er mit seinem Segelboot "Dulcibella" auf eigene Faust das deutsche Wattenmeer und vor allem die ostfriesischen Inseln für die britische Admiralität kartieren.
Der Roman wurde mehrfach verfilmt und hat auch einen biografischen Hintergrund: Childers selbst fuhr als Einhandsegler durch das ostfriesische Wattenmeer, kartierte es und lieferte sich dabei Verfolgungsjagden mit der deutschen Abwehr.
Meine Aquarell-Illustrationen lehnen sich an das Buch und den Film an. Sie sind jedoch auch aus eigenen visuellen Eindrücken dieses Naturgebietes entstanden. Die Zitate entstammen überwiegend der deutschen Erstausgabe des Buches von 1975. Es ist erhältlich im "Diogenes Verlag AG Zürich unter ISNB 978 3 257 20211 3" - Taschenbuch 20211
„Gute Reise“
»Dann wurden die Schleusentore geöffnet, und in einem Wirrwarr von Schreien, Winseln der Taljen und Knarren der Spieren ergoss sich unsere ganze Gesellschaft in den schmutzigen Schoß der Elbe. Die Johannes nahm unter dem Wind und mit der Tide Fahrt auf und fuhr zur Strommitte. Ein letzter Händedruck dann schlippte Bartels die Hauptleine, und wir trennten uns. „Gute Reise!“ - „Gute Reise!“«
„Wir sind in Lee“
»Wir sausten hinaus auf die offene See und krängten schwer im jetzt ungehemmten Wind. Die Yacht hob und senkte sich in leichter Dünung, aber mein erster Eindruck war Staunen über die ruhige See, blies der Wind doch frisch und frei von Horizont zu Horizont. „Mann, dort drüben ist jetzt alles Watt, und wir sind in Lee!“ rief Davies.«
„Hallo Medusa!“
»Auf Norderney gibt es auch noch eine ziemlich große Stadt, einen Badeort, wo die Deutschen ihren Sommer verbringen.
Nun, die Medusa, so hieß sie, lag auf Riffgat-Reede und zeigte die deutsche Flagge; ich ankerte die Nacht über ziemlich nahe bei ihr. Ich wollte ihren Eigner später besuchen, hätte mich aber beinahe anders besonnen, weil ich mir auf schnittigen Yachten immer ziemlich dumm vorkomme und mein Deutsch nicht sehr gut ist. Aber dann entschloss ich mich, doch zu ihm zu gehen.«
„Morgendliches Bad“
Klara überrascht Davies beim morgendlichen Bad im Hafen von Norderney.
Klara: “Sind sie in Sicherheit?“
Davies: “Ich bin gleich soweit!“
Klara: “Lassen sie das ja nicht die Fischer sehen, wenn die nichts mehr fangen
sind sie Schuld!“
Davies: “Warum?“
Klara: “Sie vergraulen die Fische“
„Schiffbruch“
»Die nächsten Minuten kann ich nicht beschreiben. Ich befand mich in einer Art von Priel, aber in einem sehr engen, und überall waren Brecher. Ich hatte auch keine Gewalt mehr über das Boot denn bei dem letzten Aufschlagen war das Ruder manövrierunfähig geworden. Ich war wie ein betrunkener Mann, der eine dunkle Gasse hinunter um sein Leben läuft und sich selbst in jeder Ecke ankläfft. Es konnte nicht lange gut gehen, und schließlich krachten wir gegen etwas und blieben mahlend und stoßend stecken. So endete die kurze Fahrt unter einem Lotsen.«
„Carruthers in den Dünen von Norderney“
»Die Inseln waren offenbar nur Sandbänke, mit einer Häusergruppe und einer Kirche darauf; der einzige Hinweis auf Leben in diesem trostlosen Gebiet bestand in dem gelegentlich auftauchenden Wort „Badestrand“. Die Insel Norderney stach in dieser Hinsicht selbstverständlich besonders hervor; aber selbst ihre Stadt, die ich vom Hörensagen als fröhlichen und vornehmen Badeort kannte, war für einige Monate im Jahr tot und leer und ohne wirtschaftliche Bedeutung.«
„Davies rudert seinen alten Freund Carruthers zur Dulcibella“
Carruthers: “Wenn uns jetzt noch eine Möwe ins Boot scheißt,
dann sacken wir ab!“
Davies: „Deswegen fahren wir nachts, dann schlafen die Möwen!“
Carruthers: „Verstehe!“
„Wo ist Klara?“
„In der Schleuse“
»Wir umfuhren die letzte Landzunge, steuerten auf eine Schar bunter Lichter zu, holten die Segel nieder und legten an den riesigen Toren der Holtenauer Schleuse an. Dass sie sich für einen so winzigen Bittsteller öffnen würden, schien unvorstellbar. Aber sie öffneten sich, mit schwerfälliger Majestät, und unser kleiner Schiffsrumpf verlor sich im Schoß der Schleuse, die dazu ausersehen war, die größten Schlachtschiffe zu tragen.«
„Davies schildert Carruthers seinen Plan“
»„Wie sieht dein Aktionsplan aus?“ „Ich will“, antwortete er bereitwillig, „über Kiel und den Kanal wieder in die Nordsee. Dort gibt es zwei Ziele: erstens wieder nach Norderney zurück, wo ich vorher aufgehört hatte, dann all diese Priele in den Mündungsgebieten und zwischen den Inseln erkunden; zweitens Dollmann suchen, herausfinden, was er vorhat und mit ihm abrechnen. (...)
„Es ist eine kitzlige Sache“, überlegte ich unschlüssig, „wenn deine Theorie stimmt. Einen Spion zu bespitzeln“ ...«
„Die Sturmfahrt“
»“Der Wind nahm zu - es war ein ausgewachsener Sturm,(...).
Ich hielt mich unmittelbar hinter der Medusa, aber zu meinem Ärger entfernte sie sich sehr schnell. Selbstverständlich hatte ich angenommen, als er sagte, er werde mich führen, Dass er die Fahrt verlangsamen und in meiner Nähe bleiben würde. Es wäre ganz einfach für ihn gewesen, wenn er seine Männer hinaufgeschickt hätte, um die Segel zu verkürzen oder die Gaffel tiefer zu holen. Statt dessen stob er mit aller Kraft davon. In einer Regenbö verlor ich ihn einmal ganz aus der Sicht; sah ihn ganz undeutlich wieder, hatte aber genug mit meiner Ruderpinne zu tun, als dass ich noch nach meinem fliehenden Lotsen hätte Ausschau halten können.“«
„Vertrauen und Sicherheit“
»Die Dulcibella stellte sich dem Sturm so hartnäckig wie nur je, tauchte ihren Bugspriet in die See und warf grünes Wasser über ihren Bug. Eine Welle von Vertrauen und Zuneigung zu ihr stieg in mir auf. Ich hatte mich bisher über das Gewicht und die Größe ihres unhandlichen Ankers und seines Taus geärgert, jetzt aber erkannte ich deren Nützlichkeit; Lack, Farbe, makellose Decks und schneeweiße Segel waren alles geckenhafte Absurditäten einer verhassten Vergangenheit.«
„Trocken gefallen“
»Er nahm mit dem Kompass eine Peilung, machte sich ein paar Notizen und dann einen kräftigen Sprung runter in den Sand. Das war, wie ich sagen darf, die einzige Art an Land zu gehen, die er wirklich mochte. Wir liefen so schnell es unsere plumpen Seestiefel erlaubten, folgten dem Lauf unseres Priels nach Westen und erkundeten den Weg, dem wir folgen mussten, wenn die Tide auflief. „Die einzige Möglichkeit, eine Gegend wie diese kennenzulernen, ist, sie bei Niedrigwasser zu sehen“, rief er. “Die Bänke sind dann trocken und die Priele deutlich zu erkennen.“ «
„Durch Holland“
Davies erzählt Carruthers die Reise nach Deutschland:
»„Wir hatten eine prächtige Reise zur Osterschelde, aber dann beschlossen wir Narren, über Kanäle und Flüsse durch Holland zu fahren. Es war schon Spaß genug, im Mündungsgebiet zu navigieren - die Tiden und Bänke sind dort entsetzlich - , aber weiter landeinwärts war es eine erbärmliche Angelegenheit: immer nur Schleusengebühren zahlen, gegen Schuten stoßen und die Yacht auf stinkenden Kanälen schleppen. Nie ein friedlicher Abend wie dieser - immer an einem Kai oder Treidelpfad festgemacht. Die Leute gehen vorbei und Jungen - Himmel ! Diese Jungen werde ich nie vergessen! Die suchen Holland heim wie eine Maul- und Klauenseuche; sie scheinen auf der Welt nichts anderes zu tun zu haben als Steine und Schlamm auf ausländische Yachten zu werfen“«
„Deutscher Hafenzoll, Bensersiel - bitte an Bord kommen zu dürfen!“
»Er (...), stellte sich als Zollbeamter vor (man stelle sich das vor, so etwas in diesem absurden Schlammloch!), marschierte hinunter in die Kabine, die fürchterlich unaufgeräumt und klatschnass war, holte Tinte, Federhalter und ein großes gedrucktes Formular hervor und wollte alles über Ladung, Mannschaft, letzten Hafen, Bestimmungsort, Lebensmittel, Vorräte usw. wissen.
Keine Ladung ( freut mich ); Kapitän: Davies; Besatzung: ich; letzter Hafen: Brunsbüttel; Bestimmungsort: England. Welche Spirituosen wir haben? Whisky - vorgezeigt. Welches Salz? Eine Büchse Cerebos - vorgezeigt nebst einem feuchten Rest auf einer Untertasse. Welchen Kaffee und so weiter und so weiter?«
„Die Dulcibella läuft in Bensersiel ein.“
Davies: “Das Groß muss runter!“
Carruthers: “Geht nicht Davies, es hängt fest!“
Davies: “Dann zieh es nochmal hoch!“
Carruthers: “Hat sich verhakt Davies.“
Davies: “Versuchs nochmal höher, mit der Gaffel - hoch!“
Carruthers: “Hab ich doch.“
Davies: “Zieh am Tuch, los, na los - na also“
„... und von den Aalen dort !“
»Ein freundlicher Krämer erzählte mir alles Wissenswerte, was sehr wenig war. Die Inseln waren anscheinend, wie wir uns das vorgestellt hatten, zum größten Teil Ödland mit einer kleinen Bevölkerung von Fischern und einer beschränkten Zahl von Badegästen im Sommer. Die Saison ist jetzt vorbei, und das Geschäft ist flau. Es gibt noch einen kleinen Handel mit dem Festland in Galeoten und Leichtern, von denen einige aus den Siel-Orten kommen. „Gibt es dort Häfen ?“ fragte ich. „Schlammlöcher!“ erwiderte er mit verächtlichem Lachen.«
„Loten im Watt“
»Der Wind blies uns jetzt ins Gesicht, und eine volle halbe Stunde lang glitten wir durch immer schneller aufeinanderfolgende Wendemanöver vorwärts in den gewundenen Tiefen eines Priels, der die Untiefen westwärts durchzog. Ich kniete in einem Tauknäuel und hantierte - unter dem nebelhaften Eindruck, dass etwas sehr Kritisches sich vorbereitete - mit dem Lot, stieß und bespritzte mich, rief die immer geringer werden Tiefen aus und war mir der Wichtigkeit meiner Funktion nur zu sehr bewusst.«
„Meilenweit ...“
»Meilenweit lag rundum Sandwüste (...). Die Wüste, wie ich sie nenne, war nicht ganz ohne eigene Züge. Ihre Farben wechselten von hellbraun an den vom Wind getrockneten höchsten Stellen, zu braun oder dunkelviolett an den noch nassen, und zu schiefergrau, wo Schlammflecken ihre reine Brust besudelten. Hier und da war eine Wasserlache, die der kraftlose Wind kräuselte; hier und da war sie mit Muscheln und Tang gesprenkelt. Und in unserer Nähe begann sich in Richtung auf den zischenden Knoten im Nordwesten unser armer kleiner Priel zu winden, erbarmungslos bloßgelegt als schlammiger Graben mit stehendem, kaum fußhohem Wasser, nicht tief genug, um unseren kleinen Warpanker zu verbergen, der in frechem Spott einen Arm emporreckte. Der langweilige, unfreundliche Himmel, der Wind, der in der Takelage stöhnte als weine er verzweifelt um eine ihm entgangene Beute, machten die Szene unsagbar einsam.«
„ Alte Leidenschaften“
»“Es sind hervorragende Leute, aber sie werden mit räuberischen Instinkten geboren. Ihre Väter bestritten den Lebensunterhalt aus Wracks an dieser Küste; und die Kinder erbten eine Schwäche für das Plündern. Als der Leuchtturm Wangerooge gebaut wurde, ersuchten sie völlig guten Glaubens die Regierung um Schadenersatz. Die Küste ist jetzt gut befeuert, und unerwartete >Glücksfälle< sind selten, aber der Anblick einer gestrandeten Yacht mit den Besitzern an Land würde die alte Leidenschaft entflammen;“ (...)«
„Erkundung der Harle“
»Den ganzen Nachmittag bis zur Dunkelheit erkundeten wir die Harle, ein Loch zwischen Wangerooge und Spiekeroog; schwere Brandung draußen auf den Bänken . . . So schön der Tag auch war, von See her ist die Szenerie außerordentlich einsam. (...) Auf dem kaum erkennbaren Festland stand als sehr auffälliger Geländepunkt ein Turm, der, wie wir der Karte entnahmen, zu Esens gehörte, einer Stadt vier Meilen landeinwärts.«
„...mit brauner Soße“
Carruthers: “Was ist das ?“
Davies: “Rindfleisch“
Carruthers: “Rindfleisch mit brauner Soße !“
Davies: “Genau“
Carruthers: “Wir essen seit Wochen Rindfleisch mit brauner Soße“
„Davis nimmt die Brise war“
»„Warum nicht ankern und hier bleiben?“ protestierte ich, denn ein Anblick von unwiderstehlichem Liebreiz breitete sich vor uns aus.
„Oh, wir haben alles sehenswerte mitgekriegt und müssen diese Briese wahrnehmen, solange sie da ist.“ Für Davis war es immer eine Tortour, eine gute Brise vergeudet zu wissen, während er untätig vor Anker lag oder an Land war.
Das „Land“ war für ihn ein minderwertiges Element, das nur als nützliche Verbindung zum Wasser diente - als Quelle notwendiger Vorräte.«
„Warpen um 6.30 Uhr“
»Abends eilten wir zurück an einen geschützten Ankerplatz und machten einen bösen Fehler; wir liefen doch tatsächlich, was uns noch nie passiert war, beim höchsten Stand der Tide auf Grund und sitzen jetzt auf dem Rand der Ruteplate südlich der Ostspitze von Langeoog hart und fest. (...) Wir hoffen, morgens um 6.15 aufzuschwimmen, aber um sicher zu sein, dass wir freikommen, haben wir die Yacht geleichtert und einigen Ballast ins Dingi gebracht...«
„Strand von Norderney“
„In der Flensburger Förde“
»...Anblicke, die Balsam für die zornigste Seele war. Ein Dörfchen mit roten Dächern lag links von uns, rechts eine efeubewachsene Ruine nahe am Wasser, in dem knietief nachdenkliches Vieh stand. Voraus fiel der Blick auf weißen Strand, der beide Ufer säumte. Zum Strand hinunter neigten sich bewaldete Hügel, hier und da unterbrochen von niedrigen Sandsteinklippen und hin und wieder von einer schmalen Grasflächen befleckten Schlucht.«
„Dulchibella läuft einen ostfriesischen Hafen an !“
„Streifzug über die Ruteplate“
»Als die Bänke auftauchten, lagen wir ruhiger; wir gingen an Land und unternahmen mit Kompass und Notizbüchern einen langen, stürmischen Streifzug über die Ruteplate. Wir kamen um zwei zurück und entdeckten, dass das Barometer fast sichtbar fiel. Ich schlug vor, mit der Abendflut nach Bensersiel zu fahren, einem der Dörfer auf dem Festland südwestlich, da es genau die richtige Gelegenheit war, falls wir überhaupt noch einen dieser Siel-Orte aufsuchen wollten.«